poetry

Mittwoch, 1. April 2009

Auferstehung

Wir werden vor Türen stehen, die sich von innen öffnen
Die daran glauben, haben einen festen Schritt
Sie teilen mitten unter Geizigen
Sie danken mitten unter Undankbaren
Sie hungern mitten unter Satten
Sie gehen mit einfachem Licht durch siebenfache Finsternis
Sie leben wie die Lilien auf dem Feld
Und wie die Vögel des Himmels
Sie tanzen durch die Reihen der ewig Ernsten

Martin Gutl

Dienstag, 10. März 2009

einfach mal rasten...

Rast! Gast sein einmal. Nicht immer selbst
seine Wünsche bewirten mit kärglicher Kost.
Nicht immer feindlich nach allem fassen;
einmal sich alles geschehen lassen und wissen -
was geschieht, ist gut.
Auch der Mut muß einmal sich strecken
und sich am Saume seidener Decken
in sich selber überschlagen.
Nicht immer Soldat sein.
Einmal die Locken offen tragen
und den weiten offenen Kragen
und in seidenen Sesseln sitzen
und bis in die Fingerspitzen so:
nach dem Bad sein.

Rainer Maria Rilke

Freitag, 20. Juni 2008

manchmal

Mitunter freilich kommen Stunden:
und was du nie bewußt empfunden,
gleich einem grauen Regen regnet’s dir ins Herz,
und wie ein scheuer Bettler bleibst du stehn,
verstohlen durch die Hecken zu spähn,
hinter denen sie sitzen und plaudern und lachen,
fröhliche Menschen in fröhlichen Kleidern …
plaudern, lachen, singen und küssen
so leichten Bluts,
so frohen Muts:

Als ob es all das Schwere gar nicht gäbe,
an das du so viel Kraft verfehlst!
als ob der Kampf, von dem du sprichst,
und all die Müh und Sorge … nichts!
als ob es eitel Hirngespinste,
worüber du dich härmst und quälst!
und als ob allen, die da sitzen
so kinderfroh
und singen und spielen, tanzen und küssen,
erfüllt schon längst,
was du als letzten Dank dir denkst,
als Endlohn für Jahre voll Kampf und Schmerz …

Und wie ein grauer Regen regnet’s dir ins Herz
und wie ein Bettler drückst du dich von dannen
einsam
deinen einsamen Weg.

Cäsar Flaischlen

Donnerstag, 13. Dezember 2007

An sich

Sei dennoch unverzagt. Gib dennoch unverloren.
Weich keinem Glücke nicht, steh höher als der Neid.
Vergnüge dich an dir und acht es für kein Leid,
Hat sich gleich wider dich Glück, Ort und Zeit verschworen.

Was dich betrübt und labt, halt alles für erkoren,
Nimm dein Verhängnis an, laß alles unbereut.
Tu, was getan muß sein, und eh man dir's gebeut.
Was du noch hoffen kannst, das wird noch stets geboren.

Was klagt, was lobt man doch? Sein Unglück und sein Glücke
Ist ihm ein jeder selbst. Schau alle Sachen an:
Dies alles ist in dir. Laß deinen eitlen Wahn,

Und eh du förder gehst, so geh in dich zurücke.
Wer sein selbst Meister ist und sich beherrschen kann,
dem ist die weite Welt und alles untertan.

Paul Fleming (1609-1640)

Montag, 23. April 2007

feelings

Nenne keine Empfindung klein,
keine Empfindung unwürdig.
Gut, sehr gut ist jede.
Von nichts anderem leben wir,
als von unseren armen, schönen, herrlichen Gefühlen,
und jedes dem wir unrecht tun,
ist ein Stern, den wir auslöschen!

Hermann Hesse

Dienstag, 13. März 2007

frühling

Noch fast gleichgültig ist dieses Mit-dir-sein...
Doch über ein Jahr schon, Erwachsenere, kann es vielleicht dem Einen, der dich gewahrt, unendlich bedeuten:
Mit dir sein!

Ist Zeit nichts? Auf einmal kommt doch durch sie dein Wunder. Daß diese Arme, gestern dir selber fast lästig, einem, den du nicht kennst, plötzlich Heimat versprechen, die er nicht kannte. Heimat und Zukunft.

Daß er zu ihnen, wie nach Sankt-Jago di Compostella, den härtesten Weg gehen will, lange, alles verlassend. Daß ihn die Richtung zu dir ergreift. Allein schon die Richtung scheint ihm das Meiste. Er wagt kaum, jemals ein Herz zu enthalten, das ankommt.

Gewölbter auf einmal, verdrängt deine heitere Brust ein wenig mehr Mailuft: dies wird sein Atem sein, dieses Verdrängte, das nach dir duftet.

Rainer Maria Rilke

Montag, 22. Januar 2007

Glück

Solang du nach dem Glücke jagst,
Bist du nicht reif zum Glücklichsein,
Und wäre alles Liebste dein.

Solang du um Verlornes klagst
Und Ziele hast und rastlos bist,
Weißt du noch nicht, was Friede ist.

Erst wenn du jedem Wunsch entsagst,
Nicht Ziel mehr noch Begehren kennst,
Das Glück nicht mehr mit Namen nennst,

Dann reicht dir des Geschehens Flut
nicht mehr ans Herz, und deine Seele ruht.

Hermann Hesse

Dienstag, 16. Januar 2007

die drachen

Man muß nie verzweifeln, wenn einem etwas verloren geht -
ein Mensch, eine Freude oder ein Glück - es kommt alles noch herrlicher wieder.
Was abfallen muß, fällt ab, was zu uns gehört bleibt bei uns,
denn es geht alles nach Gesetzen vor sich, die größer als unsere Einsicht sind
und mit denen wir nur scheinbar im Widerspruch stehen.
Man muß mit sich selber leben und an das ganze Leben denken,
an alle seine Millionen Möglichkeiten, Weiten und Zukünfte,
dem gegenüber es nichts Vergangenes und Verlorenes gibt.

Unsere Ängste sind wie Drachen, die unsere schönsten Schätze bewachen.

Rainer Maria Rilke

Donnerstag, 30. November 2006

lass es zu

Lass es zu, dass du dich schwach fühlst und beschämend klein.
Lass es zu, wie eine Schnecke ohne Haus zu sein.
Lass es zu, dass jeder sieht, du bist kein großer Held.
Lass es zu, dass dir dein kleines Leben doch gefällt.
Lass es zu, dass du dich schön fühlst wie ein Märchenschloss.
Lass es zu und ziehe unbesorgt dein großes Los.

Lass es zu, dass jeder sieht, wie dir die Freude steht
und lass es zu, dass jede gute Zeit vergeht.
Lass es zu, dass du vor Liebe fast in Stücke brichst.
Lass es zu, dass dur vor Sehnsucht dumme Worte sprichst.
Lass es zu, dass man dir tief in deine Seele schaut
und lass es zu, dass sie sich frei zu andern Menschen traut.

Lass es zu, wenn man dir weh tut, deinen Stolz verletzt.
Lass es zu, wenn deine Wut, dein Zorn sich wiedersetzt.
Lass es zu, doch nimm die Waffe trotzdem nicht zur Hand,
ja, lass es zu, steh mit dem Rücken ruhig zur Wand.
Lass es zu, dein Weinen, Lachen, deine Fröhlichkeit.
Lass es zu, dass zwischen Tränen dich die Sonne freut.
Lass es zu, dass du an einem Abend sterben willst
und lass es zu, dass du am nächsten Morgen Kräfte fühlst.

Lass es zu, dass die Enttäuschung dich nicht mürbe macht.
Lass es zu, dass deine Skepsis deinen Wunsch bewacht.
Lass es zu, dass du ein Mensch bist und kein Wundertier.
Lass es zu, dein Leben - heute, jetzt und hier!

Erika Pluhar

Freitag, 24. November 2006

geduld

Man muß den Dingen die eigene,
stille, ungestörte Entwicklung lassen,
die tief von innen kommt,
und durch nichts gedrängt
oder beschleunigt werden kann:
alles ist Austragen - und dann Gebären...
Reifen wie der Baum,
der seine Säfte nicht drängt
und getrost in den Stürmen des Frühlings steht,
ohne Angst, dass dahinter kein Sommer kommen könnte.
Er kommt doch!
Aber er kommt nur zu den Geduldigen,
die da sind, als ob die Ewigkeit vor ihnen läge,
so sorglos still und weit...

man muß geduld haben,
gegen das ungelöste im herzen,
und versuchen die fragen selber lieb zu haben,
wie verschlossene stuben und wie bücher,
die in einer sehr fremden sprache geschrieben sind.

forsche jetzt nicht nach antworten,
die dir nicht gegeben werden können,
weil du sie nicht leben kannst.
und es handelt sich darum, alles zu leben!
lebe jetzt die fragen,
vielleicht lebst du dann allmählich
-ohne es zu merken-
eines fernen tages in die antwort hinein.

rainer maria rilke

welcome...

...in petrinas scrapbook. hier sammle ich sinnvolles und sinnloses... alles, was ich festhalten will... viel spaß damit!

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